Haushaltsrede 2025/2026 – Ein offenes Wort an alle Bürgerinnen und Bürger
Wie geht es weiter mit unserer Stadt? Wo fließt unser Geld hin – und wo wird es vielleicht falsch eingesetzt? In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind es diese Fragen, die uns alle bewegen.
Unser Vorsitzender Heiko Buchalik hat in seiner Haushaltsrede am 20.03.2025 klare Worte gefunden: Er zeigt auf, wo wir genau hinschauen müssen – bei Investitionen, bei Ausgaben, bei der Digitalisierung. Und er benennt offen, was gut läuft – und was nicht.
Diese Rede ist kein parteipolitisches Statement. Sie ist ein Appell für mehr Verantwortung im Umgang mit unseren Steuergeldern. Für kluge Entscheidungen. Für eine ehrliche Analyse von Notwendigkeiten und Alternativen.
📌 Warum sollen wir fast 800.000 Euro in eine Brücke investieren, die kaum genutzt wird?
📌 Warum kostet eine einfache Sonnenschutzanlage 50.000 Euro – und gibt es nicht bessere Alternativen?
📌 Warum fehlt uns eine echte Digitalstrategie – trotz Ausschuss und Budget?
📌 Und warum soll der Bürger wieder zahlen, während Ausgabendisziplin weiterhin fehlt?
Heiko Buchalik stellt unbequeme Fragen – im Sinne aller, die in Selm leben und arbeiten. Und genau deshalb möchten wir diese Rede mit euch teilen.
👉 Lest selbst, was unser Vorsitzender im Rat gesagt hat – und warum er sich nicht für Ja oder Nein, sondern für kritische Verantwortung entschieden hat.
Denn eins ist klar: Nur wer hinterfragt, kann verbessern.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Erstellung eines Haushaltsplans in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erfordert Fachwissen und Verantwortung. Mein Dank gilt der Kämmerin, ihrem Team und der Verwaltung für ihre Arbeit an diesem Entwurf.
Doch dieser Haushalt stellt uns vor große Herausforderungen. Die finanzielle Lage ist angespannt, unsere Spielräume sind begrenzt – umso wichtiger ist es, genau zu prüfen, wo Investitionen wirklich notwendig sind und wo Einsparungen möglich wären.
Ein verantwortungsvoller Haushalt muss durchdacht und nachhaltig sein. Wir dürfen nicht einfach das Geld unserer Bürger ausgeben, ohne kritisch zu hinterfragen, ob eine Maßnahme in dieser Form notwendig ist oder ob es wirtschaftlichere Alternativen gibt. Jeder Euro muss mit Bedacht eingesetzt werden.
Lassen Sie mich drei Beispiele nennen, die einer genaueren Prüfung bedürfen:
Brücke an der Badestraße
Die geplante Sanierung oder der Neubau der Brücke an der Badestraße soll 765.000 Euro kosten – 100.000 Euro in 2025 und 665.000 Euro in 2026. Eine enorme Summe für eine Brücke, die täglich nur von wenigen Fahrzeugen genutzt wird.
Bevor wir hier fast eine dreiviertel Million Euro investieren, brauchen wir eine unabhängige Einschätzung, ob eine kostengünstigere Sanierung möglich ist. Vielleicht reicht eine Reparatur statt eines Neubaus, vielleicht gibt es alternative Verkehrsführungen, die diese Ausgabe überflüssig machen. Diese Optionen müssen geprüft werden, bevor wir hohe Summen binden.
Außenbeschattung am Jugendheim
Eine 9 x 6,5 Meter große Beschattungsanlage am Jugendzentrum Sunshine soll 50.000 Euro kosten – das entspricht ungefähr 855 Euro pro Quadratmeter!
Jugendarbeit ist wichtig, aber die Kosten müssen in einem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen stehen. Warum nicht auf eine wirtschaftlichere Lösung setzen, wie Sonnensegel oder eine Pergola? Beides wäre funktional, haltbar und würde nur einen Bruchteil der geplanten Summe kosten.
Solange es keine fundierte Prüfung günstigerer Alternativen gibt, kann ich diese Ausgabe nicht mittragen.
Begegnungszentrum Bork
Für das geplante Begegnungszentrum Bork sollen allein die Planungskosten 100.000 Euro betragen – ohne dass eine klare Bedarfsanalyse vorliegt.
Wie teuer wird das Projekt insgesamt? Wie viel davon wird tatsächlich über Fördergelder finanziert? Brauchen wir dieses Zentrum wirklich oder gibt es ausreichend bestehende Räumlichkeiten, die genutzt werden könnten?
Bevor wir hier Steuergelder investieren, brauchen wir belastbare Zahlen. Ohne eine fundierte Bedarfsanalyse bleibt dieses Projekt ein unkalkulierbares finanzielles Risiko.
Digitale Infrastruktur – große Ziele, wenig Fortschritt
Wir haben einen Digitalisierungsbeauftragten, ein Budget für digitale Transformation und einen Digitalisierungsausschuss. Doch wo bleibt der tatsächliche Fortschritt?
Anstatt eine ganzheitliche Digitalstrategie zu entwickeln, setzen wir auf teure Insellösungen. Eine Software für das Gewerbe- und Erlaubniswesen hier, eine für die Verwaltung von Fischereischeinen dort – ohne dass diese Systeme miteinander oder interkommunal vernetzt sind oder gar eine Anbinung nach aussen haben.
Was bedeutet das für die Bürger? Sie müssen nach wie vor verschiedene Formulare auf Papier einreichen, statt sie bequem digital zu erledigen. Prozesse bleiben kompliziert, anstatt vereinfacht zu werden.
Auch fragwürdig finde ich die Entscheidung, keine digitale Zahlkarte für Asylbewerber einzuführen. Schauen wir uns in der Umgebung um, so gibt es Städte,die nur halb so groß sind wie Selm, zahlenmäßig umfassender ausgestattet sind mit Asylbewerber, die aber die digitale Transformation meistern wollen und die digitale Zahlkarten einführen werden – ohne Digitalisierungsbeauftragten und ohne großes Budget für digitale Transformation.
Das zeigt: Wir müssen Digitalisierung strategischer denken – nicht als teure Sammlung von Einzellösungen.
Denn es geht, wenn man will !
Vergangene Fehlentscheidungen – was wir daraus lernen müssen
Blicken wir zurück, lassen sich zwei zentrale Fehlentwicklungen erkennen: finanzielle und soziale Fehlentscheidungen.
Die Erhöhung der Kita-Gebühren und die Abschaffung der Übermittagbetreuung haben viele Familien unzumutbar belastet.
Ja, es gab eine gesetzliche Vorgabe – aber anstatt eine tragfähige Lösung zu finden, wurden Familien mit den Konsequenzen allein gelassen.
Solche Entscheidungen gefährden den sozialen Frieden in unserer Stadt und dürfen sich nicht wiederholen.
Neben der aktuellen Haushaltssituation sollten wir uns auch an vergangene finanzielle Fehlentscheidungen erinnern.
Ein Beispiel, das jeder kennt, aber das dennoch hier erwähnt werden muss: Der Kauf der Häuserzeile an der Kreisstraße im Jahr 2017 für 4,3 Millionen Euro – ohne vorher ein Wertgutachten einzuholen. Heute stehen die Gebäude leer und verfallen.
Ich will das nicht weiter ausführen – das Thema kennt jeder. Aber es zeigt eindrucksvoll, was passiert, wenn finanzielle Entscheidungen ohne ausreichende Prüfung getroffen werden.
Solche Fehler dürfen sich nicht wiederholen.
Resümee – Haushaltssicherungskonzept und Steuererhöhungen
Angesichts dieser Punkte kann ich dem Haushaltsplan und dem Haushaltssicherungskonzept (HSK) nicht uneingeschränkt zustimmen.
Denn was sieht das HSK vor? Steuererhöhungen – mit unbekanntem Hebesatz !
Aber: Steuererhöhungen sind der falsche Reflex.
Anstatt strukturelle Einsparpotenziale auszuschöpfen, wird wieder einmal der einfache Weg gewählt: die Belastung der Bürger und Unternehmen. Doch das ist der falsche Ansatz.
Steuererhöhungen schwächen nicht nur die Bürger, sondern auch die Unternehmen. Und wenn Unternehmen geschwächt werden, bedeutet das langfristig weniger Investitionen, weniger Arbeitsplätze – und am Ende sogar weniger Einnahmen für die Stadt.
Ich möchte es noch einmal klar sagen: Ja wir haben große Probleme mit der Finanzierung gesetzlich übertragener Aufgaben ohne Konnexitätseinhaltung, mit ständig steigender Kreisumlage ABER Selm hat auch ein elementares Ausgabeproblem.
Diese Art der Finanzpolitik ist nicht meine Vorstellung von Generationengerechtigkeit. Für mich bedeutet das nämlich, heute klug zu wirtschaften, statt die Last einfach auf Bürger, Betriebe und auf zukünftige Generationen abzuwälzen.
Hinzu kommt: Die Einnahmeerwartungen sind viel zu optimistisch. Die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt gibt keinen Anlass zur Hoffnung, dass ausgerechnet Selm das kleine gallisches Dorf ist, dass von den globalen Krisen unberührt bleibt.
Ich muss es nocheinmal Wiederholen:
Ein nachhaltiger Haushalt bedeutet, erst zu sparen, dann zu optimieren – und erst ganz zum Schluss über Steuererhöhungen nachzudenken.
Mein Abstimmungsverhalten
Ich werde mich bei der Abstimmung enthalten.
Ich lehne den Haushalt nicht grundsätzlich ab – denn er enthält viele dringend notwendige Maßnahmen, sei es in Bildung, Infrastruktur oder sozialer Versorgung.
Aber gleichzeitig gibt es Investitionen, die nicht ausreichend durchdacht, zu teuer oder nicht prioritär sind.
Eine Zustimmung würde bedeuten, dass ich auch die kritischen und nicht vertretbaren Ausgaben mittrage. Eine Ablehnung hingegen würde signalisieren, dass ich den gesamten Haushalt für falsch halte – und das ist nicht der Fall.
Meine Enthaltung ist daher ein Zeichen, denn für mich ist klar:
Erst müssen wir unsere Hausaufgaben machen – Einsparpotenziale nutzen, ineffiziente Ausgaben hinterfragen, interkommunale Synergien schaffen.
Steuererhöhungen dürfen immer nur der letzte Ausweg sein – nicht der erste Reflex.
Deshalb kann ich dem Haushalt nicht zustimmen – aber ich möchte mit einer pauschalen Ablehnung nicht den falschen Eindruck erwecken.
Ein nachhaltiger Haushalt entsteht durch kluge Entscheidungen, nicht durch immer neue Belastungen. Erst sparen, dann optimieren – und Steuererhöhungen nur als letztes Mittel.
Mit diesem Satz beende ich meine Rede und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
💬
„Ein nachhaltiger Haushalt entsteht durch kluge Entscheidungen – nicht durch reflexartige Steuererhöhungen.“
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